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Kinokarten, Haare des ersten Freundes, Bilder - das klebt in alten Tagebücher von einer/m unserer Autoren. Auch heute schreibt er/sie noch Tagebuch. Das Interview:


Hast du jemals Tagebuch geschrieben?

Ich habe mit 13 eins zum Geburtstag geschenkt bekommen. Ich hatte es vor kurzem noch in den Händen und habe mich tot gelacht, was da so alles drinsteht.


Na, was stand denn so drin?

Die erste Katastrophe - Blinddarm-OP! War der Horror, weil für mich kein Platz mehr auf der Kinderstation frei war ... und damals waren die Besuchszeiten noch streng. Samstags durften mich meine Eltern gar nicht besuchen ... schrecklich!


Dann hat dir das Tagebuch-Schreiben geholfen, oder?

Ehrlich gesagt kann ich mich daran gar nicht mehr erinnern, aber heute mache ich es hie und da immer noch und ich finde es schön nach kurzer Zeit noch einmal hineinzuschauen. Gerade die Kindheit habe ich doch fast ganz verdrängt. Aber da stehen dann auch fast nur unschöne Dinge im Tagebuch: Papi hatte Wutanfall und das Porzellan zerdeppert, habe eine 4 geschrieben und trau mich nicht, es meinen Eltern zu sagen ... und und und.
Aber wenn es nicht geholfen hätte, hätte ich es nicht so lange durchgehalten.


Das macht auch Arbeit, alles per Hand aufzuschreiben.
Was würdest du denn heute deinem Kind-Ich sagen, wenn du das jetzt liest?

"Armes Kind!", würde ich sagen. Aber dadurch, dass ich viele Sachen festgehalten habe, hatte ich gutes Beweismaterial gegen meine Eltern, als ich anfing, alles aufzuarbeiten.


Wie sahen deine Tagebücher früher eigentlich aus?

Wild! ... Da habe ich Haare, Bilder und Kinokarten etc. eingeklebt. Das macht total viel Spaß, darin zu blättern. Und natürlich fängt mit 13 auch die Zeit der Herzchen an - jede Woche mit einem anderen Namen drin! Erstaunlich, wie schnell man da seine Meinung geändert hat.


Klingt wirklich witzig - du findest es ja auch amüsant. Deine Tagebücher sind sicherlich bunt und dick, wenn da so viel eingeklebt ist. Waren das diese typischen Tagebücher, die man kaufen kann? Sogar mit Schloss?

Aber klaro! Mutter ist doch neugierig! Ich habe teilweise (sicherheitshalber) in einer Geheimschrift geschrieben, die ich mit einer Schuldfreundin entwickelt hatte, damit die Zettelchen, die im Unterricht herumwanderten nicht von den Lehrern gelesen werden konnten. Im Tagebuch finde ich das heute schade, denn ganz entziffern kann ich es jetzt auch nicht mehr.

Meinen ersten festen Freund kann ich jedenfalls klonen, denn von dem sind auch Haare eingeklebt!


Wow, extra eine eigene Schrift! Das ist ja schon Tagebuchschreiben in Höchstkultur. Hast du deinen ersten Freund gefragt, ob du die Haare abschnippeln darfst?

Das habe ich leider nicht dazugeschrieben - keine Ahnung, wie ich da drangekommen bin. Sie sehen aber eher ausgerupft aus. Als ich mit meinem ersten Freund zusammen kam, war erst mal Schluss mit Tagebuch schreiben. Ich befürchte, dass ich erst wieder auf den Geschmack kam, als mit ihm Schluss war. Bis dahin musste er sich ja meine Sorgen anhören.

Aber schade, dadurch weiß ich gar nicht mehr, was wir eigentlich so gemacht haben ... naja - ein paar Sachen schon!


Würdest du sagen, dass es gut tut, seine Sorgen überhaupt jemandem anzuvertrauen?

Ich könnte nicht existieren, ohne meine Sorgen auf irgendeine Art und Weise nach außen zu tragen. Entweder müssen die Freundinnen herhalten oder das Tagebuch. Wenn ich das nicht mache, habe ich das Gefühl, dass mir die Sorgen den Hals zuschnüren und ich daran ersticke. Aber da ist jeder Mensch anders gestrickt, aber ... gesünder ist meine Variante definitiv. Viele Magengeschwüre dieser Welt gäbe es nicht, wenn die Menschen mehr Möglichkeiten hätten, ihre Sorgen abzugeben.


Deine Variante ist für dich offenbar jetzt noch gesünder. Wie sehen deine Tagebücher heute aus, sind das immer noch die zu kaufenden Tagebücher?

Nein - heute wird nichts mehr abgeschlossen. Aber ich bin zurzeit auch nicht in einer Beziehung, also besteht auch keine Gefahr. Ich wüsste nicht, ob ich mich das heutzutage überhaupt noch stören würde, wenn jemand mein Tagebuch lesen würde. Ich erzähle alles im Freundeskreis herum, was mir passiert. Keine Geheimnisse mehr! Hätte es damals schon das Sorgen-Tagebuch gegeben, das wäre bei mir der Renner gewesen!



Unter der Rubrik "Mein persönliches Tagebuch - die Interviewreihe von und über Tagebuchautoren" sprechen unsere Autoren über ihre Erfahrungen mit dem Tagebuchschreiben. Teil 1






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