Therapietagebuch: Verarbeitung durch Schreiben
Ein Tagebuch zu führen kann nicht nur beim Sortieren der Gedanken helfen, sondern erfüllt auch viele weitere Funktionen. Dr. Dr. med. Herbert Mück, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, erklärt uns wie ein Tagebuch die Therapie begleiten und unterstützen kann.
Ein sogenanntes „Therapietagebuch“ kann eine Psychotherapie begleiten und unterstützen. Wichtige Erkenntnisse zurückliegender Therapiesitzungen können so dauerhaft „gesichert“ werden und es ist Platz für Themen oder Fragestellungen, die in Zukunft mit dem Therapeuten/der Therapeutin besprochen werden sollen. „Dies fördert die Selbstwahrnehmung und die Achtsamkeit im Alltag.“, erklärt Mück. Mittlerweile gibt es viele Untersuchungen die zeigen, dass alleine das Schreiben über ein Problem, insbesondere bei Traumatisierungen, hilfreich sein kann. Der Tagebuchschreiber setzt sich so mit schwierigen, früheren Erfahrungen auseinander und stellt dabei fest, dass die innere Wiederholung weniger dramatisch ist wie das ursprüngliche Ereignis. „So findet bereits eine erste sinnvolle Verarbeitung statt“. Durch die Beschreibung der Dinge gewinnt man zusätzlich eine gewisse Distanz. „Das Tagebuch fördert ein Nachdenken über sich selbst und damit die Einnahme einer sogenannten Metaebene“ - das bedeutet, Abstand und eine objektivere Sichtweise zu gewinnen.
„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“
In welcher Form das Therapietagebuch geführt wird darf sich jeder selbst aussuchen: ob in Papierform, elektronisch oder per Spracherfassung. Es ist ein innerer Dialog, um die eigenen Gedanken und Gefühle aufzuzeichnen. Trotzdem gibt es kein verbindliches Schema. Mück stellt seinen Patienten ein Merkblatt vor, dass sie dafür nutzen können. „Manche Menschen ziehen es vor, sich beim Schreiben vom Strom ihrer Gedanken und Einfälle leiten zu lassen, andere bevorzugen es, sich an einem Themenraster zu orientieren“, berichtet er. „Durch ein Schema wird die Aufmerksamkeit auf Erfahrungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gelenkt, die beim freien Schreibfluss oft unterbelichtet bleiben.“ Mück rät außerdem dazu, alternativ oder ergänzend wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen bildhaft zu dokumentieren. Dazu eignen sich Präsentationsprogramme wie Beispielsweise PowerPoint oder auch selbst inszenierte Fotos.
Eine nachhaltige Maßnahme
„Tagebuchschreiber erfahren auf diese Weise, dass sie nicht immer ein reales Gegenüber brauchen, um sich konstruktiv mit ihren ,Problemen' auseinanderzusetzen“, so Mück. Ein Therapietagebuch ist wichtig für die Psychotherapie und wer positive Erfahrungen mit einem Therapietagebuch macht, wird das Schreiben oft auch nach Abschluss der Therapie beibehalten. „Viele Patienten wünschen sich für die Zeit nach der Therapie einen Notfallkoffer, falls wieder einmal dieselben oder andere Probleme auftauchen“, berichtet er aus eigenen Erfahrungen. Allein durch das Nachlesen entschärfe sich die Situation häufig und nicht zuletzt könne dabei die eigene Motivation gefördert werden, da zuvor formulierte Selbstverpflichtungen wie beispielsweise „Ich werde mehr Sport treiben“ nachgelesen werden. Mück erklärt, dass es ihm als Verhaltenstherapeut äußerst wichtig ist, dass positive Aussagen und Hinweise auf eigene Ressourcen und erfolgreiche Lebensbewältigungen im Therapietagebuch überwiegen.
Das Therapietagebuch ist ein vertrauliches Dokument und geht niemanden etwas an, genau wie ein gewöhnliches Tagebuch. Lesen sollte es der Therapeut/die Therapeutin ausschließlich dann, wenn du dir das wünschst. Wenn dein Therapeut/deine Therapeutin dir noch kein Therapietagebuch vorgeschlagen hat, du aber interessiert bist, kannst du ihm/ihr die Idee auch selbst in einer Sitzung vorschlagen.
Hast du schon Erfahrungen mit einem Therapietagebuch gemacht? Schreib uns gerne einen Kommentar zu diesem Thema!
Geschrieben von LAG
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